Das Wir gewinnt
Vier Schüler*innen sitzen in einem Klassenraum an einem Tisch und schreiben in ihre Hefte. Auf dem Tisch liegen Hefte und Mäppchen. Im Hintergrund sind weitere Schüler*innen zu sehen.

Inklusion in der Schule: Pro & Contra

Inklusion in der Schule ist ein viel diskutiertes Thema – und das aus gutem Grund. Denn wenn Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen, geht es um weit mehr als nur um Unterricht: Es geht um Teilhabe und Chancengleichheit. 

Was bedeutet Inklusion in der Schule?

Inklusion in der Schule heißt: Alle Kinder lernen gemeinsam – unabhängig von Behinderung, Herkunft oder Lernvoraussetzungen. Mindestens genauso wichtig wie Lesen, Schreiben, Rechnen oder das Erlernen von Fremdsprachen ist es aber, die positive Persönlichkeits­entwicklung von Menschen zu fördern. Inklusive Bildung bedeutet deshalb auch individuelle Förderung und Unterstützung.

Chancen und Potentiale

  • Individuelle Förderung statt Standardisierung

    Jedes Kind lernt anders. Der Blick auf die Stärken und Schwächen macht deutlich, dass alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von Behinderungen oder diagnostizierten Förderbedarfen, verschieden sind. Alle Kinder haben unterschiedliche Interessen und Begabungen, die es zu fördern gilt. Möglich ist eine gezielte Förderung allerdings nur, wenn Lehr- und Lernformen etabliert werden, die ein individuelles Arbeiten möglich machen. Das Ergebnis: Benachteiligungen werden besser verhindert und Begabungen besser erkannt und gefördert. Zieldifferenter Unterricht, offene Lernsettings sowie individuelle Förderangebote machen es möglich, dass Kinder und Jugendliche ihre Potenziale besser entwickeln und entfalten können.
  • Vielfalt als Normalität erleben

    Was Kinder und Jugendliche gelernt haben, prägt sie auch als Erwachsene: Wer früh mit Unterschieden und Vielfalt umgeht, empfindet Inklusion im späteren Leben als ganz selbstverständlich. Weniger auf Unterschiede und Defizite zu schauen als vielmehr auf Gemeinsamkeiten und Potenziale spielt auch im Berufsleben eine große Rolle. Menschen mit Inklusionserfahrung nutzen die Potenziale, die sich durch einen inklusiven Arbeitsmarkt und die Zusammenarbeit in heterogenen Teams ergeben, denn Vielfalt sorgt oft auch für neue Ideen.
    Menschen mit Behinderung haben durch eine inklusive Schullaufbahn eindeutig bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und damit auf ein selbstbestimmtes Leben: durch den inklusiven Bildungsweg haben sie häufig einen besseren Bildungsabschluss. Das macht eine aufwändige „Nachqualifizierung“ oder spätere Unterstützung durch Transferleistungen überflüssig.

  • Stärkung der Persönlichkeit

    Wo Inklusion und der Umgang miteinander von klein auf gelernt und gelebt werden, entstehen Barrieren im täglichen Umgang gar nicht erst. Der selbstverständliche Umgang mit Vielfalt trägt wesentlich zur Wertebildung bei und schafft ein Bewusstsein für gesellschaftliche Verantwortung.
    Kinder und Jugendliche, die durch inklusive Bildung von Anfang an gelernt haben, mit ganz unterschiedlichen Menschen umzugehen, sind besser auf die Herausforderungen ihres weiteren Lebens- und Ausbildungsweges vorbereitet.

  • Gesellschaftlicher Mehrwert

    Ein Blick auf die Lernstandserhebung zeigt: Kinder und Jugendliche erzielen in inklusiven Settings und im gemeinsamem Unterricht teilweise bessere Leistungen. Wie erklärt sich das? Gelungene Inklusion steigert eindeutig die Qualität von Bildung. Doch auch darüber hinaus profitieren Kinder und Jugendliche. Ihre kognitiven Fähigkeiten werden geschult und verbessert und es liegt ein deutlicher Schwerpunkt auf der Vermittlung von Werten, Einstellungen und einem gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstsein.
  • Kooperation als Schlüssel

    Was für den „gemeinsamen Unterricht“ gilt, gilt auch für jede andere inklusiv gestaltete Umgebung in der Kinder- und Jugendarbeit: Hier lernen alle nicht nur gemeinsam, sondern auch voneinander. Altersklassenübergreifende und kooperative Lernformen und Gruppenaktivitäten machen es möglich. Alle profitieren von den Stärken der anderen und bringen gleichzeitig ihre eigenen Fähigkeiten ein. Gemeinsam lösen Kinder und Jugendliche Probleme und hinterfragen die eigene Arbeitsweise. Aufgaben werden im Team nach persönlichen Stärken und Talenten verteilt.

Herausforderungen und Kritik

Kritiker*innen von Inklusion in der Schule argumentieren:

  • Leistungsstarke Kinder werden nicht genug gefördert.
  • Kinder mit Behinderung bremsen das Lerntempo.
  • Kinder mit Behinderung erleben an Regelschulen Spott, Ausgrenzung und Versagen.
  • Es fehlen oft qualifizierte Lehrkräfte, Assistenzpersonal sowie barrierefreie Materialien.
  • Die gleiche Förderung und Unterstützung, die Kinder mit Behinderung auf Förderschulen erhalten, ist an der Regelschule nicht finanzierbar.

Alle Studien zum Lernerfolg zeigen allerdings: Schüler*innen lernen nicht schlechter, wenn Kinder mit Förderbedarf die Klasse besuchen. Sie lernen genauso gut wie Schüler*innen in nicht inklusiven Klassen. 

Es ist empirisch belegt, dass Kinder mit sogenanntem Förderbedarf im Gemeinsamem Unterricht (GU) mehr lernen, besser abschneiden als vergleichbare Schüler*innen an Förderschulen, im Vergleich bessere Schulabschlüsse erreichen und weniger von Stigmatisierung betroffen sind. Das gilt unabhängig vom konkreten Förderbedarf.

Allerdings sind inklusive Schulen und Klassen heute oft noch unzureichend mit personellen Ressourcen ausgestattet. In der aktuellen Diskussion um die Umsetzung schulischer Inklusion ist häufig von systematischer Unterfinanzierung die Rede. Damit ist gemeint, dass die schulische Inklusion finanziell schlechter dasteht als die Separation.

Schulen, die alle Kinder gemeinsam unterrichten sind langfristig weniger kostenintensiv als ein komplexes System unterschiedlicher Schultypen. Mangelhaft ausgebildete junge Menschen nachträglich zu qualifizieren ist ebenfalls teurer.

Gute Beispiele

Dass Inklusion an Schule und OGS gelingen kann, zeigen viele Beispiele: Die Marie-Kahle-Gesamtschule in Bonn, der Offene Ganztag plus in Bielefeld sowie die inklusive Waldschule in Hatten sind nur drei davon.

Was ist digital-inklusive Bildung?

Digitalisierung schafft Zugang, fördert Teilhabe und macht Prozesse effizienter. 

Digitale Teilhabe in der Schule bedeutet, dass allen Kindern und Jugendlichen eine gleichberechtigte  Teilhabe  ermöglicht werden muss - unabhängig von ihren persönlichen Vo­raus­setzungen oder Beeinträchtigungen.

Digitale Medien können dabei einen wichtigen Beitrag leisten: Sie bieten Chancen für gemeinsames, selbstbestimmtes Lernen und unterstützen gute, individuelle Förderung. Sie erhöhen außerdem Spaß und Motivation, denn sie sind ein fester Bestandteil der Lebenswelten junger Menschen in einer digitalen Gesellschaft.

Fünf Gründe für digital-inklusives Lernen

So kann Inklusion in der Zukunft gelingen

Tatsache ist: Die Umsetzung der Inklusion läuft nicht an allen Schulen gut. So entsteht bei vielen Menschen der Eindruck, Inklusion an sich sei der falsche Weg. Dass Inklusion aber an vielen Schulen gelingt, wird häufig übersehen. Und auch, dass für einen erfolgreichen inklusiven Unterricht eben bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen.

Zuallererst braucht es den Rückhalt durch die Politik: Land und Kommunen müssen Reformen in der Schulorganisation anstoßen und ermöglichen. Ob es nun um bauliche Veränderungen oder um Unterrichtskonzepte geht. Sie müssen Lehrer*innen auf die neue Vielfalt in den Klassenzimmern vorbereiten und zusätzlich Sonderpädagog*innen in den Schulen einsetzen. Und die Politik muss bereit sein, dafür Geld zu geben.

Aber: Geld ist nicht alles. Inklusion ist auch eine Frage der Haltung. Lehrer*innen müssen – ebenso wie die Eltern von Kindern ohne Behinderung – offen für die Veränderungen in der Schule sein und konstruktiv zusammen arbeiten. Der Erfolg von schulischer Inklusion hängt also stark von den Menschen vor Ort ab.

Alle Beteiligten müssen sie wollen.


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